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VIELE BEWERBER – SCHWIERIGE STELLENBESETZUNG


05. Dezember 2014
Viele Bewerber – schwierige Stellenbesetzung


Viele Bewerber – schwierige Stellenbesetzung
Foto: Manfred Roy
Zu Gast beim Kölner Sanitär Heizung Klima Fachbetrieb Helmut Hinz: Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer und Arbeitsagentur ziehen Bilanz auf dem Kölner Ausbildungsmarkt 2014 Dipl.-Ing. Günter Hinz führt den 1949 gegründeten Sanitär-Heizung-Klima-Betrieb in Köln Klettenberg seit 1990 in der zweiten Generation. Rund 45 Mitarbeiter hat das Unternehmen, darunter neun Auszubildende. Im letzten Jahr wurde der Handwerksbetrieb von der Kreishandwerkerschaft Köln und dem Verein Köln plus Partner zum „Handwerker des Jahres 2013" gekürt.

 

Zwei bis drei Auszubildende stellt das Unternehmen jedes Jahr ein und bildet sie zum Anlagenmechaniker Heizung Sanitär Klima aus. Lukas Senkowski ist einer von ihnen. Nach dem Abitur war er für ein Kurzpraktikum bei Hinz. Es habe ihm gut gefallen, betont er, besonders das Betriebsklima. Darum hat der sympathische junge Mann die Chance zur Ausbildung ergriffen. Mehr als 50 Bewerbungen erhält der Handwerksbetrieb jedes Jahr. Und wie wird ein geeigneter Bewerber ausgewählt? „Noten sind nicht alles", betont der Betriebsinhaber. „Die Motivation für den Beruf des Anlagenbauers muss stimmen, der Bewerber muss sich bewusst für diesen Beruf entscheiden, dann bleibt er auch über die Ausbildungszeit hinaus bei der Stange." Da der Betrieb im Bestandsbereich sehr aktiv ist, werden soziale Kompetenzen wie Auftreten, Höflichkeit und Freundlichkeit des Bewerbers ebenfalls hoch eingestuft. Hinz: „Wir merken seit geraumer Zeit, wie schwierig es ist, qualifizierte Anlagenmechaniker zu bekommen. Deshalb möchten wir, dass gute Kräfte langfristig bei uns bleiben und bereiten sie deshalb schon nach zwei Jahren Ausbildung Schritt für Schritt auf die Gesellenzeit in unserem Unternehmen vor", sagt Günter Hinz, Karriereperspektiven inklusive.

„Es bleibt schwierig, Betriebe und Jugendliche zusammen zu bringen", beschreibt Roswitha Stock, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln, die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. „Anforderungen der Betriebe und Wünsche der Jugendlichen klaffen auseinander. Die Betriebe möchten hoch motivierte, gute und auch mal mittelgute Kandidaten einstellen. Die gehen aber lieber weiter zur weiterführenden Schule oder auch zur Hochschule. Und wenn sie eine betriebliche Ausbildung absolvieren wollen, haben sie oftmals Wünsche, die mit dem Stellenangebot nicht übereinstimmen."

Die Agentur für Arbeit Köln verzeichnete zum Stichtag 30. September 2014 nahezu die Vorjahreswerte: 6.336 gemeldete Ausbildungsstellen, 3,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Dem standen 5.940 Bewerber gegenüber, 0,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Die Agenturchefin appelliert an alle Beteiligten - Eltern, Schulen, Kammern und Betriebe - sich intensiver in die Berufsfindung junger Menschen einzubringen. Kurzpraktika seien die beste Möglichkeit, die eigenen Vorstellungen über einen Beruf mit der Wirklichkeit abzugleichen und ganz konkret Arbeitsabläufe zu erleben. Dadurch verringere sich auch die Gefahr eines Ausbildungsabbruchs. „Deshalb ist die sorgfältige Wahl des Ausbildungsplatzes enorm wichtig. Das funktioniert nur auf der Grundlage einer guten und altersgemäßen Berufsorientierung", erklärt die Agenturchefin.

Auch Dr. Markus Eickhoff, stellvertretender Geschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, sprach sich für eine Verbesserung der Berufsorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen aus. Nachholbedarf gebe es zum Beispiel bei den Gymnasien. Die Handwerkskammer rufe ihre Mitgliedsbetriebe auf, möglichst viele Schuppertage (Berufsfelderkundigungen) und Schülerpraktika anzubieten. Die NRW-Handwerkskammern haben dazu eine kleine Broschüre mit dem Titel „Berufsfelderkundung" herausgegeben, mit Tipps für eine nachhaltige Nachwuchswerbung. Das Land, aber auch die Kommunen seien gefordert, die Attraktivität der dualen Berufsausbildung in den Schulen stärker hervorzuheben. „Es kann nicht länger hingenommen werden, dass ausbildungsreife Jugendliche, anstatt eine betriebliche Ausbildung zu beginnen, klassenweise die Oberstufe einer Gesamtschule oder eines Gymnasiums oder einen weiterführenden Bildungsgang im Berufskolleg absolvieren", kritisiert Eickhoff.

Im abgelaufenen Ausbildungsjahr hat die Handwerkskammer in der Stadt Köln 1.870 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Ein Vergleich zum Vorjahr ist nicht möglich, da die Statistiken der Kammer zum Jahresbeginn 2014 umgestellt worden sind. Dadurch soll die Abgrenzung zwischen Stadtgebiet und Umland exakter möglich werden. Im abgelaufenen Ausbildungsjahr wurden im gesamten Kammergebiet 5.495 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen, ein Minus von 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Erfreulich sei auch der Zuwachs bei den Auszubildenden mit Abitur. Er stieg von 8,5 Prozent in 2011 auf 15,8 Prozent in 2013, so Eickhoff.

„In der dualen Berufsausbildung wird ein tiefgreifender Wandel spürbar", kommentierte Gregor Berghausen, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK Köln, die aktuellen Ausbildungszahlen. Im Stadtgebiet Köln reduzierte sich die Anzahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse auf dem Niveau des gesamten IHK-Bezirks um 3,75 Prozent auf 4.296. Das Angebot an Ausbildungsplätzen ist da, werde von den Jugendlichen aber nicht wahrgenommen. „Attraktive Ausbildungsplätze blieben unbesetzt. Das ist ein Alarmsignal", warnte Berghausen. Offensichtlich seien junge Menschen von der Attraktivität der Berufsausbildung nicht genügend überzeugt. Zudem steige die Anzahl der Jugendlichen mit Hochschulzugangsberechtigung auch in der Region Köln von Jahr zu Jahr. Viele Jugendliche wählten wohl zunächst den Weg zum Studium auf „gut Glück".

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) meldet für den gleichen Zeitraum auf Bundesebene den Eintrag von 128.498 neuen Ausbildungsverträgen und damit 2.123 bzw. 1,6 Prozent weniger als 2013.

© Manfred Roy